Last Updated: 17. November 2022

KAMPF UM NATURRAUM

ARTIKEL VON INFOSPERBER – AUTOR HARTMUTH ATTENHOFER
IT’S THE OVERPOPULATION, STUPID!

Wer verdrängt Gorilla, Laubfrosch & Co? Es ist die wachsende Zahl der Menschen und ihr wachsender Anspruch auf Lebensraum.

März 2021: Die Medien berichten landesweit über ein neues Säugetier, das im Raum Genf aufgetaucht ist: Die «Kleinfleck-Ginsterkatze» (Genetta). Sie gehört zur 35 Arten umfassenden Familie der Viverriden, die mit den eigentlichen Katzen aber nichts zu tun haben, und zu der auch jene Viverride gehört, der Larvenroller (Paguma), der für die Übertragung des Covid-19-Virus berühmt wurde. «Unsere» Genetta war seinerzeit von den Römern aus Afrika nach Europa eingeschleppt worden, hielt sich aber nur in Iberien und Südfrankreich. Die dort zunehmende Verstädterung bewirkt einen Migrationsdruck, sodass das putzige Tierchen nun zu uns kommt. Es hat sich an menschliche Nähe gewöhnt und besiedelt oft Vorgärten. Und Dachstöcke; da, wo sich auch Fledermäuse gerne aufhalten.

Franz Hohlers «Irrtum»

Es sind nicht die Tiere, die in die menschlichen Siedlungen eindringen oder sie «zurückerobern», wie das Franz Hohler in der «Rückeroberung» (1982) so schön beschreibt. Es verhält sich umgekehrt. Adler und Hirsch (und eben auch die Genetta) erobern nichts und sie holen sich nichts zurück, sondern sie sind auf der Flucht! Denn der Mensch stösst in Bereiche vor, die er bislang mied. Er verdrängt damit die Natur, sodass Hohlers Adler und Hirsch in ihrer Not bis an den Rand und sogar in die menschlichen Siedlungen hinein flüchten.

Corona ist die Antwort der Natur auf die Überbevölkerung der Erde. 7,8 Milliarden sind wir schon, über 10 Milliarden sollen wir bis 2050 werden. Kein Wunder, wehrt sich da die Natur. Corona hat schon drei Millionen Menschen dahingerafft. Das schafft zwar Platz, aber viel zu wenig. Denn wollte die Natur tatsächlich Platz schaffen, und das möglichst effizient, würde sie nicht die alten Männer dahinraffen, sondern die jungen Frauen im gebärfähigen Alter. Das wäre effizient. Und nachhaltig! Tut die Natur aber nicht. Nein, sie reagiert darauf, dass wir ihr zu nahekommen. Denn wir sind zu viele und breiten uns masslos aus. Auf ihre Kosten.

Der Mensch verbreitet Viren, nicht das Tier

Das Corona-Virus und seine Mutanten leben seit ewig schadlos in einigen der rund 1100 Arten von Fledertieren. Weil wir Menschen den Wildtieren den Lebensraum streitig machen, müssen manche Tierarten zusammenrücken, die sich sonst weiträumig aus dem Weg gehen. Während die Fleder«mäuse» mit dem Coronavirus in Frieden leben, kennen Schleich«katzen» das Coronavirus nicht. Da sich deren Lebensräume immer mehr überschneiden, kommen diese Tiere miteinander in Berührung und das Virus springt über. Da Viverriden in weiten Teilen Asiens von manchen Menschen gegessen werden, ist man heute sicher, dass Covid-19 auf diesem Weg auf den Menschen übergesprungen ist. Aber weder die Fledertiere noch die Viverriden haben das Virus verbreitet, denn sie leben weitgehend ortstreu. Verbreitet hat das Virus der hochmobile Mensch.

Die bekannteste der 35 Arten der Viverriden ist übrigens der Fleckenmusang (Paradoxurus), aus dessen Exkrementen (Scheisse) man für Gourmets die Kaffeebohnen herausklaubt, die der Fleckenmusang unverdaut ausgeschieden hat. Aus diesen Bohnen wird der Kaffee «Kopi Luwak» gebraut. Für die Produktion dieses Scheiss-Kaffees gibt es sogar Farmen. Wann von dort irgendein Virus seinen Siegeszug durch Europas Kaffeetassen antritt, kann niemand voraussagen. Aber ahnen.

Wildtiere sind seit Jahrmillionen Träger von Viren und Bakterien. Sie überstehen das schadlos, wenn sie genug Platz haben, um sich auszuweichen. Auch der Mensch hat sich während Jahrtausenden mit den Wildtieren und ihren Viren und Bakterien arrangiert; er hat ja selber welche. Überall dort aber, wo Menschen eng zusammenkommen (Kaserne, Heim, Disco, ÖV) kann sich ein einmal eingeschlepptes (Schad-)Virus rasant verbreiten. Wir Menschen wissen also, dass räumliche Enge kritisch ist und wir uns vorsehen müssen.

Hilft weniger rülpsen?

Jedes Jahr wächst (wie schon im ersten Teil dieser Serie LINK gezeigt), die Menschheit um 82 Millionen Personen. Das ist so viel, wie in ganz Deutschland Menschen leben. Jedes Jahr müssen also auf dieser Welt Wohnraum und Ackerfläche, Energieanlagen und Verkehrsfläche für ein ganzes Deutschland hingestellt werden. Jedes Jahr aufs Neue!

Weil sich der Mensch derart vermehrt und ausbreitet, gerät die Natur in Bedrängnis und es kommt zu Katastrophen wie Corona. Die bald 8, bald 9, bald 10 Milliarden Menschen verbrauchen die natürlichen Ressourcen, verursachen Umweltschäden und erwärmen das Klima. Nicht nur die Vulkane, nicht nur die Sonnenaktivitäten wärmen das Klima auf, sondern vorab wir Menschen mit unserer schieren Existenz. Wir mit unserer masslosen Vermehrung.

Was tun? Weniger Fleisch essen? Weniger fliegen? Weniger rülpsen? Ja, das darf man vertreten. Es beruhigt das Gewissen, wiegt aber die 82 Millionen Menschen, die jährlich neu hinzukommen, nicht auf. Auch unser CO2-Gesetz ist gut gemeint; seine erwartete Wirkung wird aber allein durch das jährliche Bevölkerungswachstum in der Schweiz um 60’700 weitgehend aufgewogen.

Auch der Papst weiss es

Was die Erde und die darauf lebenden Menschen und Tiere rettet, ist Geburtenkontrolle. Ein Wachstums-Stopp, vom Club of Rome schon vor 49 Jahren gefordert, ist unabdingbar. Das Bevölkerungswachstum weltweit muss sinken. Zwei Kinder pro Frau sind genug (Fertilität von 2,1). Das hat sogar Papst Franziskus im Apostolischen Schreiben «Amoris Laetitia» (2016) eingesehen, in dem er sich zwar staatliche Eingriffe in die Kinderzahl verbat, aber angesichts von Notlagen Verständnis für moderate Eingriffe zeigt. Auf eine Interview-Frage, wie viele Kinder denn eine Frau haben solle, sagte Franziskus, «zwei sind genug, aber es dürften auch einmal drei sein». Also nicht vier, fünf oder neun. Das ist wenigstens ein Lichtblick.

Politikerinnen und Politiker aller Räte, die sich in der Klimafrage auf Vegi-Tage, Velowege und Windrädli-Strom kaprizieren, machen es sich zu einfach. Denn «it’s the overpopulation, stupid!», die das Klima erwärmt. Wollen wir das Klima wirklich retten, braucht es Leute in der Politik, die den Zusammenhang zwischen Überbevölkerung und Naturverschleiss erkennen. Es braucht eine ehrliche Politik, die das Problem Überbevölkerung benennt und ihr Handeln darauf ausrichtet. Wir brauchen eine mutige Politik auf allen Ebenen, die strategische Bedingungen stellt, statt Pflästerli anbringt. So haben der Berggorilla (LINK) und unser Laubfrosch (LINK) eine Chance zum Überleben. Und Covid-19 keine.

Autor: Hartmuth Attenhofer, Sozialdemokrat, war Journalist, Zürcher Kantonsrat, Bezirksrat und Statthalter. Im ersten und zweiten Teil seiner Bevölkerungs-Serie beschrieb er den Konflikt zwischen wachsender Bevölkerung und Naturraum von Wildtieren in Afrika und in der Schweiz. Im dritten und letzten Teil zeigt er, wie das Wachstum der Bevölkerung die Gattung Mensch selber bedroht.

Link zum infosperber Artikel: „Kampf um Naturraum: It’s the overpopulation, stupid!

Quelle Bild: pixabay.com